5.25.2011

Gast Blogging: PennyDreadful

Salida!

Da ich diese Woche einfach ein wenig zu faul bin um zwischen den Feiertagen zu bloggen, überlasse ich diese Woche anderen diese prachtvolle aber ruhmlose Last. Ich bin genauso gespannt wie der Rest, denn ich habe dem Gastautor lediglich gebeten etwas zu bloggen. Ich habe weder Themen vorgegeben, noch sonst irgendwas in dieser Art. Freuen wir uns also gemeinsam, der heutige Eintrag stammt von PennyDreadful.

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Eigentlich, das muss ich ganz ehrlich sagen, wollte ich etwas ganz Anderes schrieben. Etwas, das ausnahmsweise, im Gegensatz zu vielen anderen Dingen einfach mal nichts mit Weihnachten zu tun hat, aber letztlich war es wohl doch unvermeidlich. Derzeit sitze ich vollkommen übermüdet am PC und habe derart viel Koffein im Blut, dass meine Augen schmerzen. Nachdem ich gestern mit knapper Müh und Not meine letzten Weihnachtsbesorgungen gemacht habe und nun glaube, dass ich zumindest bis zum Ende der Feiertage zumindest in diesem Punkt mal durchschnaufen kann, habe ich eigentlich die Nase schon wieder gestrichen voll.
Ich weiß, es ist schone in wenig „in“, Weihnachten nicht zu mögen. Das ist auch jedermanns Recht und ehrlich, je weniger Leute mir ihre vorweihnachtliche Hibbeligkeit aufs Auge drücken, desto mehr freut es mich. Aber im Gegensatz zu dem, was viele Leute vielleicht nach meiner wenig charmanten Einlassung denken werden, hasse ich Weihnachten nicht. Im Gegenteil, eigentlich mag ich es sogar ganz gern, weil es zwei Tage bedeutet, in denen die Welt nur noch auf halber Geschwindigkeit an mir vorbei rauscht und ich auch mal die Zeit finde, ein wenig durchzuatmen und mir darüber klar zu werden, dass das aktuelle Jahr auch bald schon wieder um ist.
Was mich wirklich, wirklich stört ist das Drumherum, das wahrscheinlich jeder kennt. Das reicht über Vorweihnachtsstress auf der Arbeit, das unvermeidliche Last Christmas (von dem die Coverversionen sogar noch schlimmer sind), obskure Bettelbriefe in der Post. Aber am meisten, wirklich am allermeisten, ärgert mich, dass gerade diese stille Zeit, in der man sich wünscht, dass die Leute mal in sich kehren und dabei verdammt noch mal ihre Fresse halten, die moralingesäuerten Labertaschen auf den Plan bringt. Ich glaube, jeder kennt sie, die Leute, die größtenteils eigentlich gar nichts mit dem christlichen Fest zu tun haben, das da gefeiert wird, aber den Geist der Weihnacht aus dem tiefen Teller gelöffelt haben.
Leicht zu erkennen sind solche Leute daran, dass sie es schaffen, in einem Satz die Vorweihnachtszeit als Zeit zur Besinnung und Einkehr zu preisen und im selben Moment auf das schlechte Kollektivgewissen der Gesellschaft einzuprügeln. In Afrika wird immer noch gevölkermordet (genau so wie in vielen anderen Ländern rund um den Globus), die Obdachlosen und Fixer sitzen immer noch auf der Straße und Krieg ist schlimm und es wäre doch mal das Mindeste, in der Zeit des bösen und hemmungslosen Konsums mal gefälligst an die zu denken, die nicht so viel haben! Muss ich mir das von irgendeinem Volltrottel im privaten Kreise anhören, habe ich meistens kein Problem damit, meine Ohren auf Durchzug zu stellen, aber wenn das der unvermeidliche Würdenträger, Popstar oder sonstige aufgeblasene Wichtigtuer tut, der sich einfach mal wieder vor laufender Kamera in ein Mikrophon erbrechen möchte, bevor er vom Rest der Welt wieder vergessen bzw. verdrängt wird, kann ich mir ein Stirnrunzeln meist nicht verkneifen.

Heinrich Heine dichtete einmal ziemlich passend folgende Passage aus „Deutschland – Ein Wintermärchen“:

Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn auch die Herren Verfasser;
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.

Dass den Leuten zu Weihnachten schon aus Prinzip der Geldbeutel meist ein wenig lockerer sitzt, das weiß man und wenn man dem durchschnittlichen Bürger dann noch ein wenig schlechtes Gewissen einredet, dann rollt der Rubel natürlich umso schöner. Und dann kann sich auch ein durchschnittlicher B- und C-Prominenter mal im tief ausgeschnittenen Abendkleidchen oder einem schicken Anzug über den roten Teppich irgendeiner Gala schwingen, selbstzufrieden an seinem Schampus nuckeln und sich einreden, man hätte etwas für die armen Säue getan, die sich mit windigen Finanzierungsangeboten großer Elektromarktketten in die private Insolvenz stürzen, weil Omas Schmuck im Leihhaus nicht genug Geld eingebracht hat und die Flaschensammlerkonkurrenz am Bahnhof und im Park schon zu groß geworden ist.
Dass Weihnachten vor allem die Zeit der werbewirksamen Heuchelei ist, ist schon seit Jahren kein Geheimnis mehr, aber es ist erstaunlich, dass es trotzdem jedes Jahr funktioniert. Dabei sind die Spendenkonten von den meisten wirklich vertrauenswürdigen Wohltätigkeitseinrichtungen das ganze Jahr über geöffnet.
Ganz fein sind auch gerade die Personen, die zwar keine Ahnung haben, wie ich (oder auch du, ihr beide da und du da hinten) Weihnachten feiere, aber im Gegenzug dafür den exakten Plan davon haben, ich es gefeiert werden sollte. Danke schön, aber ich würde doch selbst gerne entscheiden, ob ich das Beschenken meiner Liebsten mit meinem Gewissen vereinbaren kann oder nicht, ohne dass sofort wieder jemand rot geäderte Augen bekommt.

Jedes Weihnachten ist ein kleines Päckchen für sich. 24 Tage lang raschelt es vor sich hin, wenn man es schüttelt und irgendwann packt man es schließlich aus. Was genau drin ist, sollte man nicht erzwingen wollen. Ich selbst hoffe auf ein wenig Ruhe und Entspannung für meine Familie, meine Lieben, für mich und jeden, der sich dasselbe wünscht. Ich hoffe auf Einkehr, auf das Gefühl, am Ende des Jahres mit mir selbst im Reinen sein zu können, weil ich im Jahr 2010 das Beste getan habe, was ich konnte um die Welt um mich herum zu einem Ort zu machen, der besser ist, als er es ohne mich wäre. Ich möchte die Zeit darin finden, mich an das Lächeln und Lachen zu erinnern, das ich anderen Leuten geschenkt habe, die Stärke, zu mir selbst zu stehen und die Ruhe, an die Leute zu denken, die es verdient haben. Es braucht keine Funkelsternchen und Schleifen, kein Lametta und keinen Kunstschnee. Vor allem auch keine erzwungene Freigiebigkeit, verlogene Besinnlichkeit oder einen beständig mahnend erhobenen Zeigefinger.
Obwohl ich ja zumindest hoffe, dass wenigstens eine Zuckerstange für mich drin ist.

An dieser Stelle wünsche ich allen Lesern und Leserinnen wundervolle Weihnachten, eine wundervolle Zeit ob alleine, zu zweit, mit Freunden oder der Familie, zu Hause oder irgendwo anders auf der weiten Welt. Genießt das Weihnachten nach eurem Gusto, immerhin seid ihr niemandem Rechenschaft schuldig. Nicht den Pharisäern im Fernsehen, nicht den Hände ringenden Traditionalisten. Das Leben ist zu kurz für Unzufriedenheit, schlechtes Gewissen und böses Blut. Gerade in einer Zeit, in der die Welt in halber Geschwindigkeit an uns vorbei rast, sollte man wenigstens innerlich den „Pause“-Knopf drücken und die Aussicht genießen.

Frohe Feiertage!

Penny „Pence“ Dreadful

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